Nunmehr ist ein halbes Jahr nach meinem letzten Eintrag vergangen. Ich wollte so oft schreiben, doch ich wusste nicht was. Ich war sprachlos, fast ohnmächtig. Ich fühlte mich hilflos und als Opfer. In meiner kleinen Familie ging es auf und ab. Wieso sprachlos? Ich habe kaum etwas erlebt, kaum etwas gearbeitet. Nicht weil ich nicht konnte, sondern weil ich nicht durfte. (Wie so viele Andere) Es wurde uns schlichtweg verboten. Es viel mir schwer, mich da raus zu holen. Raus zu holen aus meiner Wut, meinem Unverständnis und meiner gefühlten Ohnmacht. Ich hatte das Gefühl niemand versteht mich. Doch kann man das was seit über einem Jahr passiert auch verstehen? Ich nicht. Neben allen Maßnahmen, deren Sinn oder Unsinn ich nicht diskutieren möchte, verstehe ich etwas ganz und gar nicht. Wann hat es angefangen das wir nicht mehr anderer Meinung sein dürfen, nicht mehr diskutieren können ohne direkt angegriffen zu werden? Wann hat es angefangen das wir – in meiner Wahrnehmung – so lieblos miteinander geworden sind? Wann hat es angefangen, das wir keine Nähe – überhaupt keine – zulassen? Wann ist die Angst so groß geworden, das jeder für sich rumbraselt? Fragen über Fragen.
Die Schäden die die Psyche bei vielen Menschen genommen hat, sind unvorstellbar. Ich für mich, habe mich zurück gezogen. Meine Wunden geleckt, Dankebuch geschrieben, mich versucht an den kleinen Dingen zu erfreuen und doch hat die ganze Situation auch was mit mir, mit meiner Familie gemacht. Es war ein ständiges Auf und Ab. Es gab viele Diskussionen auch Streit, ausgelöst unter anderem durch bloße Existenzangst. Mein Mann ist Soloselbstständiger und ihm sind 70 % seines Umsatzes weggebrochen. Existenzangst und andere Sorgen haben uns belastet. Das hat natürlich etwas mit meiner Verfassung gemacht. Stürze häufen sich, ich bin sehr müde.
Doch Du bist was du denkst:
Also sinnbildlich – dank Corona – bei den langen Haaren gepackt und Kajak gefahren. Ich bin noch nie in meinem Leben Kajak gefahren. Es war eine Mischung aus Angst und ganz viel Stolz das ich mich getraut habe. Dann ganz viel Nähe zu Hause. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit Umarmungen verteilt. Die haben ja bekanntlich eine therapeutische Wirkung.Zu guter Letzt es ist Sommer. Also geht ich viel raus an die Natur oder sitze auf meiner Terrasse und schaue den Blumen beim wachsen zu, lausche den Vögeln und erfreue mich an Nachbars Katzen. Ich verabrede mich zu einem Mädelsabend, frische nach 30ig Jahren mein Englisch auf. Ich bin milder zu mir und gestatte mir all meine Gefühle.